Pakistan, der wunderschöne Norden

 

Der Letzte Tag in Indien bricht an und gleichzeitig der Erste Tag in Pakistan. Wir tätigen noch einen Großeinkauf und vertanken dann die letzten indischen Rupies. 2h bevor die Grenzzeremonie beginnt sind wir an der Grenze. Wir denken schon, dass die indische Seite zügig geht, doch die Einreise in Pakistan ist innerhalb von 20min erledigt. Dort wurden wir auch mit Umarmung begrüßt, man hat uns wieder erkannt. Doch bevor wir nach Pakistan kamen, mussten wir mit dem LKW durch die beiden Stadien fahren, die bereits halbvoll waren. Die Touris auf der Indischen Seite konnten kaum glauben, was sie sahen, auf der Pakistanischen Seite waren wir später die einzigen Ausländer. So wurden wir auch behandelt. Alle waren froh, dass wir da sind und bei der Zeremonie mit machen. Wir haben uns wie im Ultra-Block im Fußballstadium gefühlt, es gab Fahnenschwenker, einen Anheizer und laute Rufe, „PAKISTAN“ und „ALLAUH AKBAR“ waren die einzigen, die wir verstanden haben. Neben dem Treiben waren wir auch die größte Fotoattraktion, aber das kannten wir ja bereits. Im Anschluss sind wir noch aus Lahore rausgefahren Richtung Islamabad und haben dann an einer Autobahnraststätte geschlafen. Die Straße nach Islamabad ist mit Abstand eine der besten die wir je gefahren sind, 6 spurig, leer und brandneu!

Am nächsten Tag fahren wir nach Islamabad und, da es zu spät ist noch zu einer Botschaft zu gehen, bereiten wir schon einmal alles vor und überprüfen noch unseren Warmwassertank, der etwas undicht ist. Dafür erhöher wir den Wasserdruck, wobei uns leider ein Schlauch abplatzt und alles unter Wasser setzt, mist! Wir bringen alles wieder in Ordnung und lassen die Heizung einfach länger laufen, kein Problem.

Die Usbekistanbotschaft am nächsten Morgen überrascht uns mit der Ansage, dass wir das Visum in 2 Tagen abholen können, es werden wohl eher 2 Wochen, denn wir fahren noch in den Norden. Bevor es hoch geht holen wir uns aber noch eine SIM Karte für unglaublich wenig Geld und suchen noch die Turkmenische Botschaft, die wir dann mit unserem Usbekistan Visum besuchen werden. Wir suchen auch noch Kühlflüssigkeit, da es oben im Norden empfindlich kalt werden soll, werden nach 2 1/2h Suche aber nicht fündig. Ergebnis: Wir dürfen nicht mehr Suchen, wir müssen einfach immer schauen, was uns über den Weg läuft.

Wir fahren über eine schöne Straße, leider teils im Dunkeln, nach Morree und haben unseren ersten Schnee. Am nächsten Morgen wandern wir in den Nahegelegen Wildpark, der auch im Schwarzwald liegen könnte, und sehen Yaks, Pfauen und sogar einen Sibirischen Tiger. Danach fahren wir mit einer ca. 300Jahre alten französischen Seilbahn noch den Berg weiter hoch und schauen uns oben ein hübsches Dörfchen an. Wir fahren weiter und als wir mittags Geld abheben wollen werden wir vom Bankdirektor kurzerhand zum Essen eingeladen, Pakistan gibt sich bei diesem Besuch von Anfang an von einer ganz anderen Seite und die gefällt uns gut. Abends wollen wir bei einer Polizeistation an der Straße schlafen. Um 10:45 klopft es, wir müssen weg, nur 5min von hier dürfen wir stehen. Alles diskutieren hilft nichts und 45min später stehen wir in einer Polizeistation, Pakistan back at it again! Am nächsten Tag geht es dann erst verspätet mit Eskorte los, die werden wir dann auch bis Chilas, 400km den Karakorum Highway hoch, nicht mehr los. In einem Ort fahren wir an Bouletten vorbei und der Ladenbesitzer muss Lukas Blick richtig interpretiert haben, denn er bekommt eine Boulette geschenkt, sie war köstlich!

In Chilas füllen wir unser Wasser noch auf (wir haben in einer Polizeistation geschlafen und hatten keinen späten Besuch, es geht also auch anders) und wollen dann weiter. 1km weiter kaufen wir 1l Antifreeze und packen ihn gleich in unser Tiefkühlfach, unser Thermostat ist kaputt, weshalb wir -28grad da drin haben, und testen so, ob das Kühlmittel taugt. Im Laufe des Tages kaufen wir insgesamt 15l davon und nehmen drei Einladungen zum Tee an. Am nächsten Morgen findet das Kühlmittel dann seinen Weg in den Kühlkreislauf, danach geht es weiter nach Karimabad. An einem Check Post werden wir von einem sehr angenehmen Polizisten zum Tee eingeladen und er erzählt uns, dass die Polizei hier keine Waffen hat, die braucht man hier nicht. Abends stehen wir auf dem Hof des geschlossenen Hunza View Hotel und essen Chap Chero, Pakistanische Pizza, im Ort. Den nächsten Tag beginnen wir mit selbst gebackenen Laugenbrötchen und wandern dann zum Altit Fort, eine von zwei alten Burgen im Ort. Danach wandern wir noch zu einem Aussichtspunkt und von dort aus zum LKW zurück. Am Hotel lernen wir Ali kennen, den Hotelbesitzer und ein echt netter Typ und wir treffen uns mit Sayed, ein Fremdenführer der uns von Perry und Ellen Empfohlen wurde. Am nächsten Morgen geht es dann, gemeinsam mit Sayed, nach Gulmit, Sayeds Heimatort. Auf dem Weg dorthin kommen wir am Attaabad See vorbei, der 2010 nach einem Erdrutsch entstanden ist und ein halbes Dorf (Attaabad) mit sich genommen hat. In Gulmit zeigt uns Sayed das „Old House“, hier weben Frauen Teppiche und Vorleger, was eine enorme arbeit. Danach lädt er uns zu sich nach Hause zu Tee und Gebäck ein. Hier oben im Norden tragen viele Frauen keine Kopftücher und die Frauen in Sayeds Familie sitzen gemeinsam mit uns am Ofen, eine sehr entspannte Atmosphäre. Abends ziehen wir noch den Abgasrückführungsschlauch aus der Standheizung, da sie hier auf 2500m nicht mehr so super läuft, hinterher ist es besser.

Am nächsten Morgen geht es um kurz nach 6 Uhr los, wir fahren heute den Khunjerab Pass hoch, zumindest probieren wir es, über den Straßenzustand kann und niemand eine genaue Auskunft geben. In Islamabad hieß es auch, dass in Gilgit 1m Schnee liegt und es gab keinen, wir sind also guter Dinge, dass wir hochfahren können. Am ersten Checkpost sagt der Polizist und schon, dass wir ja ein deutsches Auto fahren, das kommt hoch! Auf dem Weg sind zwar immer wieder mal Eisplatten auf der Straße und ein bisschen Schnee, die Temperaturen sind mit -10 bis -20 Grad aber so niedrig, dass die Oberfläche sehr griffig ist. Die Aussicht, auf dem Weg nach oben schon, ist atemberaubend und besseres Wetter könnten wir nicht haben. Blauer Himmel, kleine weiße Wölkchen, kein Wind. Mit knappen 4700m Höhe ist der Pass gleichzeitig auch der höchste Grenzübergang der Welt. Hier ist die Grenze zwischen Pakistan und China. Für den Weg hoch und runter haben wir einen Polizisten mit ins Auto bekommen, er spricht sehr gutes Englisch und macht immerzu Bilder von uns und sagt uns, wo wir für die Aussicht halten sollen, wir haben eine gute Zeit mit ihm. Oben haben wir eine Kaffee und Kuchen Pause, es ist Sonntag und ein paar deutsche Gepflogenheiten müssen ja gepflegt werden. Auf dem Weg runter war es dann bewölkt und auch die nächsten Tage ist das Wetter weiter abgestürzt.

Auf dem Weg den Highway runter haben wir dann noch eine Wanderung über den Schwarzen Gletscher bis zum Borith See bei Gulmit gemacht. Die Tour hat Sayed mit uns gemacht und dabei hat es uns viel Interessantes über Land, Leute und Kultur erzählt. Sayed hat auch eine Reiseagentur, bei der man Touren buchen kann, Trekkingtouren (die in Pakistan deutlich günstiger sind als in Nepal) und auch einfach die Einladung für das Pakistanvisum. Zu erreichen ist er unter www.pakistanholidaytours.com und für Anfragen auch über Facebook unter „Sayed Hunzai“. Den Kontakt mit ihm haben wir sehr genossen. Wir standen dann auch nochmal im Hunza View Hotel in Karimabad. Dort haben wir dann noch eine weitere Burg angeschaut und sind zum Abendessen von Ali eingeladen worden. Wir hatten noch einen sehr lustigen Abend mit ihm. An diesem Tag wurde Jonas von einem pakistanischen Fernsehsender über den Norden interviewt.

Es hat geschneit, zwar nur 2cm, es ist aber rutschig genug, dass wir die Steile Ausfahrt des Hotels keine Motorbremse nutzen können, da sonst alle Reifen Blockieren und der Motor aus geht, wir rollen also sehr vorsichtig vom Hof. Nachmittags kommen wir bei einem Lehrer an, der uns auf dem Weg Hoch zu sich eingeladen hat, er gibt sich zwar viel mühe, die Zeit mit ihm ist aber eher anstrengend, da sein englisch eher rudimentär ist. Wir haben ihn auf Anfang 40 geschätzt, er ist aber 23! Am nächsten Morgen besuchen wir noch die Schule mit ihm. Erst gibt es Tee im Lehrerzimmer und dann muss Jonas ein bisschen Matheunterricht geben, wobei er unbeabsichtigt den Lehrer vorführt da er mit Exponentialgleichungen angefangen hat und zuvor den Lehrer mehrfach gefragt hat, was er machen soll. Danach wollen wir noch ein paar Stifte an die Schüler verteilen, doch die Lehrer sagen wir sollen jedem Klassensprecher einen Stift geben und dann ein Bild von jeder Klasse machen. Zuvor wollten sie die Stifte selber nehmen. Das wird uns dann zu anstrengend und wir brechen ab. Wir müssen noch etliche Km fahren und die Straße wird ab hier sehr schlecht.  Auf dem Weg kamen uns dann noch zwei Deutsche aus Freudenstadt entgegen mit denen wir uns nett unterhalten haben. In der Dämmerung fing es dann an zu regnen und wir haben bei einem Truckstop übernachtet. Auch am nächsten Tag regnet es die ganze Zeit, glücklicher weise sind wir auf dem engen Tal bald raus und erreichen abends Islamabad. Zwei Tage später erfahren wir, dass es wegen des Regens Erdrutsche und Verletzte entlang des Karakorumhighways gab. Wir hatten wieder riesig Glück mit dem Wetter. Der Norden Pakistans hat uns super gut gefallen. Die Menschen sind sehr gastfreundlich und die Landschaft durchweg umwerfend! Es ist eine Region zum Verlieben und auf JEDEN fall einen weiteren Besuch wert! Wir sind alle etwas traurig, dass unsere Zeit hier vorüber ist aber wir müssen leider weiter, unser Pakistanvisa läuft bald ab. In Islamabad erwischt es mich erstmal mit Fieber und zu allem überfluss dauert das Abholen des Usbekistanvisums auch länger, da der Zuständige nicht in der Botschaft ist. Das verzögert unseren Islamabad Aufenthalt um einen Tag. Wir kaufen nochmal ein und beantragen noch unser Turkmenistanvisum. Der Botschafter ist sehr bemüht und steht nach wie vor in Telefon- und Mailkontakt mit uns und gibt uns immer bescheid, wenn noch Unterlagen fehlen. Wir haben ein gutes Gefühl und gehen davon aus, dass wir das Visum bekommen. Einen Plan B gibt es auch nicht. Es geht weiter nach Sialkot. Dort wohnt die Familie eines Flüchtlings, mit dem Jonas Mutter arbeitet. Wir werden schon an der Hauptstraße begrüßt und dann gibt es Snacks. Jonas und ich haben es seit dem truckstop vor ein paar Tagen etwas am Magen und wollen nicht so viel essen, in Pakistan zu Gast aber ein unmögliches Unterfangen. Es ist sehr lecker aber auch sehr viel. Danach fahren wir noch in die Stadt und trinken einen Tee. Am nächsten Morgen geht es nach dem Frühstück mit dem Vater und dem Cousin des Flüchtlings in eine Energydrink Fabrik, die auch für Coca-Cola produziert. Der Besitzer ist super nett und erzählt uns, dass er vor einem Jahr zwei andere Deutsche reisende getroffen hat, wie sich rausstellt waren es die beiden Jungs von Triptoeast, ein Blog, den wir auch verfolgt haben. Anschließend fahren wir in die Textilfabrik des Cousins, der hauptsächlich Sportbekleidung für den amerikanischen Markt produziert. Nach dem Mittagessen (auch sehr lecker und reichlich), schauen wir noch in einer Manufaktur für Arbeitshandschuhe vorbei. Hier sitzt u.a. ein Junge von etwa 12 Jahren an der Nähmaschine, man liest zwar immer wieder von Kinderarbeit, wenn man es sieht ist es aber doch irgendwie bedrückend. Der Abschied war sehr herzlich und vor allem der Vater war sehr lieb und sichtlich geknickt, dass wir schon wieder gehen mussten. Wir fahren noch „kurz“ bei dem Energydrinkproduzenten vorbei, da er sehr interessiert an unserem LKW war. Es endete in 2 Stunden und Tee. Er hat uns für den Abend auch jemanden angeboten der uns Lahore zeigt doch wir haben dankend abgelehnt. Wir sind auch nicht mehr bis Lahore gekommen sondern haben auf halben Weg stopp gemacht.

Die nächsten Tage waren eher unspektakulär, da wir über Lahore und Multan nach Sukkur und dann nach Quetta fahren. Wir sind auch größtenteils ohne Eskorte gefahren, doch ab der Bundesstaatsgrenze nach Belutschistan ging es los. Wir haben in 1:45h ganze 15km geschafft, weil wir alle Nase lang anhalten mussten, unsere Daten in Bücher eintragen mussten und auf das nächste Fahrzeug warten mussten. Danach ging es dann aber recht flüssig bis nach Quetta, das wir in der Dämmerung erreicht haben. Man hat uns auch sofort zu der Polizeistation geleitet, zu der wir wollten, wo wir von Rashid, unserem Polizistenfreund auch schon mit Essen empfangen wurden. Wir haben dann noch ein Dokument für das Turkmenistanvisa ausgefüllt und dem Botschafter geschickt.

Heute ist nicht viel los. Lukas ist unterwegs und kümmert sich um das NOC (No Objection Certificate), das wir zum Weiterreisen benötigen. Jonas macht etwas Klarschiff und ich schreibe einen Roman von einem Blogeintrag. Heute Nachmittag wird noch Farina, eine Deutsche, die wir in Kathmandu kennengelernt haben, in Quetta ankommen und wir nehmen sie die letzten Km durch Pakistan mit, da sie kein Fahrzeug hat und allein unterwegs ist. Da fühlt sie sich etwas sicherer, wenn sie durch Belutschistan nicht alleine reisen muss.

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Ein Kommentar

  1. Barbara Fabricius-Exner sagt:

    Schöner Bericht und z.T. atemberaubende Bilder! Ihr habt ja wirklich sehr viele Leute kennengelernt – toll, wenn man so viel Gastfreundschaft und Interesse erlebt. Bei ‚Made in Pakistan‘ habt ihr jetzt eine konkrete Vorstellung…
    Jonas, du machst dich gut als Lehrer – gucken alle so gespannt nach vorne ;D

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